[BZ] “Die Zeiten, in denen Polizisten gegen Homosexuelle vorgegangen sind, sind viele Jahre vorbei.”

Rosa Hilfe mit Polizei

Szenevertreter und Polizei setzen sich in Freiburg an einen Tisch, um über Polizeikontrollen schwuler Männer am Opfinger See zu sprechen.

Gabriel Winterer vom Revier Freiburg-Süd hört Annika Spahn vom Arbeitskreis JVA/Polizei der Freiburger LSBATTIQ-Community zu; neben ihr sitzt ihr Kollege Genís Ventura. Foto: Michael Bamberger

Am Sonntag vor einer Woche hatten Polizeibeamte auf dem Parkplatz am Opfinger Baggersee homosexuelle Männer kontrolliert. Der Parkplatz wird zum Cruising genutzt – dem Anbahnen von Sexualkontakten. Die Aufruhr in der Freiburger Schwulenszene war danach groß; die Männer fühlten sich zu Unrecht im Visier der Polizei. Jetzt wollen Szene und Polizei ihre Kommunikation verbessern. Der Anfang wurde bei einem Treffen in der “Rosa Hilfe” gemacht.

“Den kontrollierenden Polizeibeamten war ganz sicherlich nicht bewusst, welche Gefühle und Ängste sie bei den kontrollierten Menschen damit auslösen.”

Gabriel Winterer, Revierleiter des Polizeireviers Freiburg-Süd, ist sich sicher: Seine Beamtinnen und Beamten sind nicht homophob. “Wir haben schwule und lesbische Beamte, wir haben Familienmitglieder, die homosexuell sind. Wir als Polizei sind ein Spiegelbild der Gesellschaft”, sagt Winterer. “Die Zeiten, in denen Polizisten gegen Homosexuelle vorgegangen sind, sind viele Jahre vorbei.”

Wie ernst Winterer aber den Vorwurf und die Sorgen der Betroffenen nimmt, zeigt das Aufgebot, mit dem er zum Treffen in die “Rosa Hilfe” gekommen ist. Gemeinsam mit Thomas Zink, Leiter der Führungsgruppe des Reviers Süd, den Polizeibeamten Danila Matusche und Rainer Ledwig, innerhalb der Polizei Freiburg sogenannte Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Pressesprecherin Laura Riske will er den Vorfall klären.

Als Szenevertreter hatten Matthias Falk von der “Rosa Hilfe”, Annika Spahn und Genís Ventura vom “Arbeitskreis JVA/Polizei” der Freiburger LSBATTIQ-Community in die Räume des homosexuellen Selbsthilfe-Vereins aufs Grether-Gelände geladen. Auch Tibor E. ist gekommen – er war auf dem Parkplatz am Baggersee kontrolliert worden.

Der Opfinger Baggersee stehe nicht im Fokus der Polizeiarbeit – und erst recht nicht wegen Cruising

“Es gab Beschwerden über wilde Feuer, dort finden immer wieder Technopartys statt”, sagt Winterer über den Parkplatz. “Außerdem gab es auch Diebstahldelikte aus Autos.” Am entsprechenden Abend hätten die Beamten ein auffälliges Auto bemerkt und sich zur Personenkontrolle entschlossen. Mit Homosexualität habe das nichts zu tun gehabt. Tibor E. schildert, wie bedrohlich und diskriminierend ebendiese trotzdem auf ihn gewirkt hatte. Riske dankt E. für seine Offenheit. Winterer zieht ein Fazit: “Den kontrollierenden Polizeibeamten war ganz sicherlich nicht bewusst, welche Gefühle und Ängste sie bei den kontrollierten Menschen damit auslösen.”

Ein Fokus der Polizeiarbeit sei der See keinesfalls, nur ganz vereinzelt würden sich Seenutzer über Männer beschweren, die dort dem Cruising nachgehen. “Wenn Sie mich vor einer Woche gefragt hätten, welche Bereiche wir vom Revier Süd konkret im Blick haben – der See wäre sicherlich nicht unter den Brennpunkten.”

Alle Seiten wünschen sich mehr Austausch

Sowohl E. als auch die Szenevertreter zeigen sich alsbald beruhigt – und nutzen die Gelegenheit, weitere Themen zur Sprache zu bringen, die Schwulen, Lesben und Transsexuelle in Freiburg im Kontakt mit der Polizei beschäftigen: den Angriff auf ein schwules Paar im Bermudadreieck im Frühjahr etwa, sowie die Scheu von Opfern homo- oder transphober Gewalt, diese zur Anzeige zu bringen.

“Fast alle Mitglieder des Regenbogen-Referats haben Bedrohungs- und Gewalterfahrung aufgrund ihrer Orientierung gemacht”, sagt etwa Annika Spahn. Auch Genís Ventura beschreibt, dass er – wie viele andere homosexuelle Frauen und Männer auch – nicht das Gefühl habe, mit seinem Partner gefahrlos händchenhaltend durch die Freiburger Innenstadt gehen zu können.

“Wir können nur gegen Straftaten vorgehen, von denen wir erfahren”, sagt Laura Riske und appelliert an die Szenevertreter, Betroffene zu ermutigen, zur Polizei zu gehen und dort nicht aus falscher Scham oder Unsicherheit homo- oder transphobe Aspekte einer Straftat auszusparen. “Unsere Beamten können damit umgehen”, versichert Winterer.

Das Treffen soll der Beginn einer neuen Kooperation zwischen Szene und Polizei gewesen sein – im Herbst wollen sich die Beteiligten bereits ein nächstes Mal zusammensetzen, dann auch mit Harry Hochuli vom Revier Freiburg-Nord.

Eine solche Kooperation hatte es schon vor einigen Jahren gegeben; die war jedoch eingeschlafen. “Weil es keine negativen Vorfälle gab”, sagt Matthias Falk. Das Ziel: für Homo- und Transphobie zu sensibilisieren, gemeinsam aktuelle Vorkommnisse zu besprechen, eventuelle Missverständnisse persönlich auszuräumen – und vor allem langfristig die Sicherheit von homo- und transsexuellen Menschen in Freiburg zu verbessern.

Quelle:

http://www.badische-zeitung.de/freiburg/polizei-freiburg-wehrt-sich-gegen-homophobie-vorwurf-nach-kontrollen-am-opfinger-see–108541840.html