Für Robert Sandermann von der Rosa Hilfe könnte Hitzlspergers Outing Vorbildcharakter haben. Warum Homosexualität im Fußball tabuisiert wird, erklärt er im BZ-Interview.
Robert Sandermann ist Pädagoge und arbeitet als Berater bei der Rosa-Hilfe Freiburg. Der Verein hilft Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung benachteiligt werden. In einem Kurz-Interview mit BZ-Redakteurin Nikola Vogt erzählt Sandermann, was er vom Outing des Ex-Nationalspielers Thomas Hitzlsperger hält und warum Schwulsein gerade im Fußballsport ein so großes Problem sein kann.
BZ: Herr Sandermann, was sagen Sie dazu, dass Thomas Hitzlsperger sich als schwul geoutet hat?
Sandermann: Das ist ein sehr großer Schritt und ich halte es für mutig von Thomas Hitzlsperger. Ich denke, er hatte guten Grund dazu, seine Homosexualität erst nach seinem Karriereende bekannt zu machen.
BZ: Warum?
Sandermann: Das Outing während der aktiven Zeit eines Profi-Fußballers könnte indirekt sein Karriereende bedeuten. Zum einen könnte er Schwierigkeiten mit den gegnerischen Fans bekommen, zum anderen könnte es sein, dass der Rückhalt in der eigenen Mannschaft fehlt.
BZ: Warum ist es gerade im Fußball ein so großes Problem, seine Homosexualität öffentlich zu machen?
Sandermann: Der Fußballsport ist eine Art letzte Bastion der harten Männerwelt. Bei Schwulen hingegen gibt es oft das Klischee, sie seien unsportlich, zu emotional, weich und nicht männlich genug. Hinzu kommt, dass Fußball ein sehr körperbedingter Sport ist – bei einem Tor fallen sich alle in die Arme, nach dem Spiel wird gemeinsam geduscht. Vor kurzem hat sich ja zum Beispiel ein Turmspringer als schwul geoutet, aber da hat kein Hahn danach gekräht.
BZ: Beraten Sie ab und an homosexuelle Fußballer, die Angst vor einem Outing haben?
Sandermann: Ja. In den unteren Ligen gibt es Fußballer, die sich mit einem Outing unwohl fühlen würden. Es ist nun mal auch eine Sportart, die schwule Männer anziehen kann, einfach durch die Atmosphäre.
BZ: Könnte Hitzlspergers Outing Vorbildcharakter haben?
Sandermann: Vielleicht ist es ein erster Schritt. Wäre Hitzlsperger allerdings noch in der Nationalmannschaft aktiv, hätte das ganze noch eine viel größere Wirkung. Ich denke, die meisten Leute haben mit der Homosexualität im Fußball kein Problem. Vom SC Freiburg weiß man beispielsweise auch, dass er sehr liberal und tolerant mit dem Thema Homosexualität umgeht. Aber ein paar homophobe Leute gibt es immer und die können das Leben zu einem Spießrutenlauf für die Betroffenen machen.
Zur Person
Robert Sandermann ist Pädagoge und arbeitet als Berater bei der Rosa-Hilfe-Freiburg und der Aids-Hilfe.